Die Acht Prinzipien der Ayurvedischen Ernährung

Ein weiterer Artikel von mir in der Ayurveda Reihe. Wie ihr lesen könnt, bin ich nach meiner Ausbildung  noch ganz im Ayurveda Fieber. Momentan arbeite ich zudem an einem zweiwöchigen Ayurveda und Yoga Online Retreat. Bei mir dreht sich also alles momentan um Ayurveda und das fühlt sich auch im Alltag richtig gut an!

Das Thema Ernährung im Ayurveda  ist natürlich riesig. Neben den Pancha Karma Kuren und Anwendungen, medizinische Heilkräuter  und dem Ayurvedischen Lebenstil, dreht sich eigentlich sonst alles im Ayurveda um die Ernährung. Sie ist einfach so Entscheidend für unsere Gesundheit. Nicht umsonst besagt de Ayurveda „Du bist was du verdaust!“.

Schmeckt lecker- aber ist es auch gut verdaubar?

Da das Thema so komplex ist, möchte ich heute nur eine kleine Einführung geben und halte mich dabei an die Acht Prinzipien der Ayurvedischen Ernährung. Mit großer Wahrscheinlichkeit werde ich das Thema in der Zukunft auch noch detaillierter aufgreifen. Hier also für Ayurveda Neulinge ein kleiner Einblick.

Prinzip Nummer 1: Prakruti- die Natur des Lebensmittels

Im Ayurveda schreibt man genauso wie jedem Lebewesen, auch jedem Lebensmittel bestimmte Eigenschaften zu, die dem Lebensmittel sozusagen „angeboren“ sind.

Im Ayurveda kennt man 10 gegensätzliche Paare von den sogenannten Gunas (Qualitäten).

SCHWER – LEICHT

KALT – WARM

ÖLIG – TROCKEN

STUMPF- SCHARF

GLATT – RAUH

DICHT – FLÜSSIG

WEICH – HART

STABIL – MOBIL

GROSS – SUBTIL

WOLKIG – KLAR

So kann ein Lebensmittel eher schwer (Fleisch) oder leicht (grüne Linsen) sein; ölig (fetter Fisch) oder trocken (Toastbrot) sein. Anhand der Prakruti der Lebensmittel kann man die Lebensmittel wählen, die, für seinen eigenen Zustand am besten geeignet sind. Beachte dabei: Gegensätze gleichen sich aus. Bist du gerade etwas flatterhaft und hektisch, wähle ein erdendes und stabilisierendes Lebensmittel wie Kartoffeln oder andere Wurzelgemüse.  Bist du etwas träge, koche doch mit etwas mehr scharfen Pfeffer.

Zudem beeinflussen die 6 Geschmäcker (Rasas) die Qualität eines jeden Lebensmittels.

Jeder Geschmack entsteht durch die Verbindung zweier Elemente und hat bestimmte Eigenschaften, sowie einen wichtigen Nutzen für den Körper und positive Effekte auf den Geist, kann bei einer übermäßigen Aufnahme aber auch einen negativen Effekt haben. Zudem haben die Geschmäcker auch einen direkten Einfluss auf die Doshas. Im Ayurveda sieht man die Geschmäcker so ähnlich wie Nährstoffe und man versucht alle Geschmäcker in einer Mahlzeit oder zumindest in einem Tag aufzunehmen.  Am besten startet man dabei mit etwas Süßem. Das regt sofort die Verdauungssäfte an und schenkt schon vorab Befriedigung. Enden sollte man mit dem Zusammenziehenden Geschmack. Der signalisiert dem Körper, dass die Nahrungsaufnahme abgeschlossen ist.

RasaElementeGunaPositivNegativDosha ErhöhungBeispiel
Madhura SüßErde+WasserKühl, schwer, öligStärkt, nährt die Dhatus, aufbauend, Immunsystem, Ojas, Liebe, Mitgefühl, AngenehmÜbergewicht, Diabetes, Cholesterin, Schwere, Trägheit, Besitzergreifend, GierKZucker, reife Früchte, Kohlenhydratreiche Lebensmittel, Milchprodukte
Amla SauerErde+FeuerLeicht, heiß, öligVerbessert den Geschmack des Essens, Verdauung, Nährt den Körper, Gefällt dem Geist, stärkt und schärft SinnesorganeÜbermäßiger Durst, Zahnschmelz, Gänsehaut, Hautinfektionen, Augenblinken, Wunden im Mund, angeregter und hyperaktiver Geist, Neid, KritikPKSaure, unreife Früchte, Beeren, Fermentierte Lebensmittel
Lavana SalzigWasser+Feuerheiß, Ölig, SchwerErhält den Elektrolythaushalt, Verdauung, Darmentleerung, entfernt Giftstoffe, Interesse, Enthusiasmus,Durst, Schwindel, erhitzend, Übersäuerung, Bluthochdruck, Hautprobleme,PKMeersalz, Steinsalz, Nüsse, Fisch
Katu ScharfLuft+FeuerHeiß, trocken, LeichtReinigt den Mund, Verbessert die Verdauung, schärft die Sinne, erleichtert Schmerz, reinigt das Blut, Appetit, Enthusiasmus, KlarheitImpotenz, Unbewusstsein, Ärger, Gewalt, IrritiertheitPVChilly, Senf, Knoblauch, Ingwer, Nelken, Zimt,
Tikta BitterLuft+RaumKalt, Trocken, leichtVerbessert den Geschmack, tötet Bakterien und Viren, erleichtert Brennen und Jucken, verbessert Hautprobleme, erleichtert Durst, stärkt und stabilisiert den Körper, Leber Tonic, Verbessert Verdauung, Klärt den Geist und Sinne, SelbstwahrnehmungTrockenheit, Rauheit, Rasa Dhatu, Trauer, Einsamkeit, SorgenVNeem, Kurkuma, Aloe Vera, Blattgemüse, Kaffee, Kohl
Kashaya Zusammen- ziehendLuft+ErdeSchwer, Trocken, KühlBeruhigend, heilend, Wahrnehmung, Konzentriert, OrganisiertSpermienzahl, trockener Mund, Druck und Schmerz in der Brust und Herz, Schlaflosigkeit, Angst, Depressionen, UnruheVUnreife Bananen, Granatapfel, Okra, Linsen, Sharon Fucht
Natur der Lebensmittel

Im Ayurveda kennt man 12 verschiedenen Nahrungsmittelgruppen, die aufgrund ihrer jeweils ähnlichen Eigenschaften, bestimmte positive Effekte für uns haben, Diese Nahrungsmittelgruppen unterscheiden sich ein bisschen, von der Einteilung aus der modernen Ernährungswissenschaft:

  • Getreide: aufbauend, beruhigend, nährend
  • Gemüse: vitalisierend, mobilisierend
  • Früchte: tonisierend, Gewebe aufbauend
  • Grüner Salat, rohes Gemüse: Appetit anregend, würzend
  • Hülsenfrüchte: stabilisierend, Kraftgebend
  • Milch und Milchprodukte: lebenspendend, Beruhigend
  • Alkohole, fermentierte Lebensmittel: belebend, Kräftigend, immunisierend
  • Fleisch: gewebeaufbauend, stabilisierend
  • Zucker (Produkte): Nährend
  • Wasser: Befriedigend
  • Zusatzstoffe (Öle, Gewürze): Anregend, verdauungsfördernd
  • Zubereitete Speisen: Nährend, Stärkend, Besänftigend

Zudem gibt es 4 Gruppen von Lebensmitteln, die sich durch die Art der Einnahme entscheiden. Ebenso wie man alle Geschmäcker, Gunas und Lebensmittelgruppen in seine Nahrung ja nach eigener Konstitution integrieren sollte, darf man auch diesen Aspekt mit integrieren. Ein Beispiel hier wäre der indische Thali:

Mahlzeiten
  1. Essbar (Reis, weicht gekochtes Gemüse)
  2. Trinkbar (Suppen, Flüssiger Dal)
  3. Lutschbar (Chutney, Dessert)
  4. Kaubar  (Chapati, Brot, Hartes Gemüse)

Prinzip Nummer 2: Karana – Die Zubereitung

Kochen

Es gibt hunderte verschiedene Möglichkeiten, wie ein Lebensmittel zubereitet werden kann.  Ayurveda nennt hier unter anderem:

  • Das Hinzufügen von Wasser oder Hitze
  • Das Putzen, Rühren und Mischen
  • Das Würzen
  • Das Haltbar machen
  • Das Lagern…

Je nach Zubereitung kann die Qualität des Lebensmittels verändert und somit bekömmlicher gemacht werden.

Zum Beispiel wird der Reis durch das Waschen mit Wasser leichter und während Jogurt zu Schwellungen führen kann, wird diese Eigenschaft durch das Rühren zu Buttermilch aufgehoben.

Manchmal können durch die Zubereitung Lebensmittel giftig werden. Das geschieht zum Beispiel, wenn man Honig erhitzt.

3. Prinzip: Samyoga – Kombinationen

Im Ayurveda spielen Kombinationen eine sehr wichtige Rolle.

Wenn  zwei oder mehr Lebensmittel kombiniert werden, entstehen wieder ganz neue Qualitäten. Diese können gut oder schlecht für uns sein. Die meisten Lebensmittel für sich sind gesund.

Werden manche jedoch zur gleichen Zeit zusammen gegessen, wird das Verdauungsfeuer sehr beeinträchtigt. Das Essen kann dann nicht richtig verdaut werden; es entstehen Toxine(ama), die der Körper ausscheiden muss.

Ghee (geklärte Butter)

So sollen laut Ayurveda Honig und Ghee nicht zu gleichen gemischt werden, Obst und Milchprodukte oder Getreide sind schlechte Kombinationen, sowie die Kombination verschiedener Eiweiße.

Auch ist es laut Ayurveda nicht ratsam, Lebensmittel mit verschiedenen Qualitäten zu mischen- dadurch wird Agni, das Verdauungsfeuer, verwirrt. Falls du dies tun solltest, koche die Lebensmittel zumindest zusammen in einem Topf, so passen sie sich einander besser an.

Folgende Kombinationen gilt es zu meiden:

  • Nach kaltem Essen oder kalten Getränken sollte nichts konsumiert werden, dass warm oder heiß ist.
  • Milch sollte nicht kalt getrunken werden. Außerdem gilt es, bestimmte Mixgetränke aus Milch und Früchten zu meiden. Diese behindern mit den falschen Zutaten die Verdauung stark und blockieren Blut- und Lymphbahnen, was zu Krankheiten und Hautproblemen führen kann. Zusätzlich sollte Milch nicht zusammen mit Fleisch, Fisch, Joghurt, Rettich, Knoblauch, grünem Blattgemüse und Salz verspeist werden. Die Zugabe von Gewürzen kann die Verdauung fördern: Ingwer, Zimt, Kardamom und Kurkuma helfen.
  • Niemals Zitronen mit Gurken, Milch, Tomaten oder Joghurt kombinieren.
  • Honig darf nie in gleichen Anteilen mit Butter/Ghee verzehrt werden. Das wirkt stark toxisch. Außerdem sollte er nicht erwärmt werden.
  • Eier sind keine gute Kombination mit Käse, Fisch, Bananen, Melonen, Milch und Fleisch.
  • Nachtschattengewächse (Tomaten, Kartoffeln, Melanzani) sollten nicht mit Fleisch, Fisch, Gurken oder Milchprodukten verzehrt werden.
  • Fleisch in Kombination mit Milch, Rettich, Sprossen, Honig und Sesam meiden.
  • Stärkehaltige Lebensmittel nicht kombinieren mit Obst, Milch und Eiern. Vor allem Stärke und Fruchtzucker vertragen sich nicht und die Verdauung wird träge.
  • Mixe nicht: warmes und kaltes Essen, Rohes und gekochtes Essen, frisches und altes Essn

4. Prinzip: Rashi – die Menge

auf die Menge kommt es an

Hier ist zum einen die Gesamtmenge der Mahlzeit, zum anderen die Mengen der einzelnen Zutaten, also das Rezept, gemeint.

Ayurveda rät sich weder zu viel, noch zu wenig essen. Nach der Mahlzeit sollte ein angenehmes und befriedigendes Gefühl vorhanden sein. Am besten füllt man den Magen zur Hälfte mit Nahrung, ein Viertel mit Flüssigkeit und das letzte Viertel bleibt leer, damit unser Agni nicht erstickt wird.

5. Prinzip: Deshan- Der Ort wo wir Essen und wo das Lebensmittel herkommt

Je nachdem wo das Lebensmittel herkommt, besitzt es auch eine andere Qualität. Generell empfiehlt Ayurveda immer regional zu Essen, da das Lebensmittel in der Region in der wir uns befinden, die idealen Eigenschaften für unsere Ernährung in sich trägt. Auch hängt die Nahrungsmittelaufnahme von dem Ort ab, an dem wir Leben. So wird in kalten Regionen eher schwer und warm gegessen und in Wüsten Regionen vorwiegend leichte und kühlende Lebensmittel bevorzugt.

6. Prinzip: Kala – die Zeit

Im Ayurveda spielt die Tageszeit und Jahreszeit ganz allgemein eine wichtige Rolle bei der Ernährung.

So soll man zum Beispiel seine Hauptmahlzeit zur Mittagszeit einnehmen, wenn das Pitta Dosha und damit die Verdauung am höchsten ist. Zudem soll man nur dann Essen, wenn man hungrig ist und genügend Abstand zwischen den Mahlzeiten halten, damit die vorherige Mahlzeit wirklich verdaut ist und man sein Agni nicht überfordert. Zeichen für eine vollständige Verdauung sind:

  • Leichtes Körpergefühl
  • Kein Aufstoßen
  • Hunger und Durst
  • Enthusiasmus
  • Normale Regulation der natürlichen Dränge

Im trockenen Herbst ist man lieber warme Suppen, zur Frühlingszeit greift man lieber zur leichten Kost, die die Schwere löst und im Sommer darf es auch einmal ein knackiger Salat oder eine kühlende Buttermilch sein.

Kala bedeutet aber auch bestimmte Stadien, in denen man sich befindet. Das kann eine Ernährung angepasst an das Alter oder einer Krankheit sein.

7. Prinzip: Upayogas Samstha- Regeln für die Art der Einnahme der Nahrung

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist auch unsere Esskultur. Mahlzeiten sollten entspannt, freundlich und in sauberer Atmosphäre geschehen. Dies ist bekömmlicher für unsere Verdauung und Psyche. Auch das Thema Achtsamkeit spielt hier eine wichtige Rolle! Darüber hinaus hat Ayurveda hier auch viele praktische Regeln, damit die Verdauung besser klappt:

  • Wasche dich vor dem Essen
  • Iss nicht mit vollem Darm oder Blase
  • Sei angemessen gekleidet
  • Sprich ein Gebet und denke an Gott, Vorfahren, Lehrer, Eltern, Gäste
  • Iss von sauberen Geschirr
  • Iss  nicht wenn du keinen Appetit hast
  • Iss nicht bei Feinden oder vor Hungrigen
  • Iss warmes und frisch zubereitetes Essen
  • Nimm die Hauptmahlzeit zum Mittag ein
  • Iss nicht zu spät am Abend
  • Sitze Aufrecht und genug erhöht beim Essen und schaue Richtung Osten oder Norden
  • Iss feuchtes, öliges Essen
  • Iss die richtige Menge
  • Kaue dein Essen gut
  • Iss keinen Jogurt am Abend
  • Iss weder zu langsam, noch zu schnell
  • Habe Pausen zwischen den Mahlzeiten und esse erst dann wieder, wenn die letzte Mahlzeit verdaut ist und du wieder Hunger verspürst
  • Iss regelmäßig
  • Trinke nur kleine Schlucke warmes Wasser während der Mahlzeit und nichts unmittelbar vor und nach dem Essen
  • Iss nicht, wenn du gerade emotional bist
  • Iss in einer friedlichen Atmosphäre
  • Sitze beim Essen
  • Iss achtsam
  • Bleibe einen Moment nach dem Essen sitzen
  • Lache und Spreche nicht beim Essen
  • Mache deine Nahrungsaufnahme zu etwas Persönlichem

8. Prinzip: Upayokta – Der Esser und die innere Einstellung

Glückliche Esser

Natürlich hängt die Ernährung vor allem im Ayurveda ganz Individuell von der Person ab. Dabei wird sowohl der Grundzustand, als auch der momentan Zustand der Person berücksichtigt. Sowohl bei der Zubereitung, als auch bei der Einnahme der Speisen, sollte auf eine positive Stimmung geachtet werden. Von glücklichen Köchen schmeckt das Essen nicht nur besser, sondern glückliche und achtsame Esser können auch  besser Verdauen.  Auch spielt das Thema geistige Reinheit hier eine Rolle. Noch heute reinigen sich Köche in Aschrams in Indien spirituell und durch Meditation, um der Nahrung ganz besondere Energie zu geben.

Vielleicht konnte ich dich mit diesen Prinzipien der Ayurvedischen Ernährung dazu anregen, die Ayurvedische Ernährung selbst etwas in deinen Alltag zu integrieren. Das Beste an ihr: Sie ist an jedes Individuum individuell angepasst und überhaupt nicht dogmatisch.

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