Der Buddhistische Rundkurs- Mit dem Fahrrad durch die Himalaya Täler Kullu, Lahaul, Spiti und Kinnaur

Diesen Juni konnte ich meinen lang gehegten Wunsch, die Bergregionen Spiti und Kinnaur per Fahrrad zu erkunden, endlich in die Tat umsetzen.

Eine große Rolle dabei spielte mein Freund David: leidenschaftlicher Mountainbiker und Abenteurer und selbst auch Feuer und Flamme für diese Tour.

Während ich schon des Öfteren von Manali nach Spiti gereist bin (diverse Trekkingtouren führten mich in diese wunderbare Bergregion), kennt sich David als gebürtiger Kinnauri bestens im Kinnaur Tal. Ich war also für die Etappenplanung bis Tabo, einer der letzten Ortschaften im Spiti Tal, und er ab Tabo verantwortlich.

Nicht nur in der Streckenplanung ergänzten wir uns perfekt, sondern auch im Gepäcktransport arrangierten wir uns gut. Wir reisten sehr leicht und hatten insgesamt nur ein Taschenset für ein Fahrrad (eine Lenkertasche und eine Tasche hinten an der Sattelstütze.

Da David als Profi Mountainbiker deutlich stärker ist als ich, trug er die beiden Taschen, während ich einen Rucksack mit dabei hatte. Grundsätzlich würde ich bei einer so langen und schlecht ausgebauten Route auf einen Rucksack verzichten, aber unsere Gepäck-Situation ließ keine Alternative zu und so erduldete ich die eine oder andere Verspannung im Schulter und Rückenbereich.

Unterwegs trafen wir hin und wieder auch andere Fahrradreisende, die deutlich mehr Gepäck mit dabei hatten und teilweise mit insgesamt 50 kg unterwegs waren.

Zwar hatten wir auch einen kleinen Kocher und Kochutensilien dabei, doch verzichteten wir auf dieser zehntägigen Rundtour auf Zelt, Matratze und Schlafsäcke, da wir wussten, dass wir täglich in Dörfern oder kleinen Zeltlagern unterkommen würden.

Insgesamt würden wir 930 km fahren und dabei 15200 Höhenmeter bewältigen.

Wir starteten unsere Tour von Shimla, schon genial, dass wir praktisch auf dieser tollen Route leben und direkt von unserem Wohnort mit den Fahrrädern starten konnten.

Tag 1 Shimla-Jalori Pass (3100 m), 150 km, 3376 hm

Die erste Etappe war ein ganz schöner Hammer und sicherlich auch der härteste Tag der Tour.

Jalori Pass war nicht wirklich unser festes Ziel gewesen- wir wollten einfach einmal schauen, wie weit wir kommen würden und am Ende des Tages eben einfach in einen der Dörfer auf dem Weg ein Zimmer nehmen. So entspannt und spontan wäre ich allein sicherlich nicht in den Tag gestartet und einmal mehr war ich froh, dieses Abenteuer mit David erleben zu dürfen.

Die Strecke bis hoch nach Narkanda auf 2700 m Höhe kannten wir gut, lag Narkanda schließlich in unserer Trainingsreichweite.

Wir schafften es vor um 7 Uhr zu starten und vermieden so den starken Verkehr der indischen Touristen auf den Weg zum beliebten Ausflugsziel Kufri.

Wir fuhren relativ zügig und freuten uns auf die kommende lange Abfahrt hinab von Narkanda in das Satluj Tal.

Doch schon die Abfahrt hinab auf 1000 Meter Höhe bereitete mir einen Schock: Es war, als würde ich gegen eine heiße Feuerwand fahren- ein Föhn wäre eine glatte Untertreibung gewesen. Immer heißer wurde es, je tiefer wir kamen und schließlich zeigte das Thermometer 44° C an.

Normalerweise machte mir Wärme bei sportlicher Aktivität eher nichts aus, aber an diesem Tag litt ich sehr und fürchtete mit jedem weiteren Pedaltritt vom Rad zu fahren. Das wir nach Überquerung des Satluj Flusses nun in den über 60 km langen und steilen Anstieg hoch zum 2000 Meter höher liegenden Jalori direkt zur Mittagszeit antraten, besserte meine Situation natürlich nicht.

Tapfer versuchte ich in kleinen Schritten zu denken. David und ich tauschten Helme, was meine Kopfschmerzen etwas verbesserte und ein kühles Fußbad an einem Bach tat auch gut.

Wir waren ziemlich hungrig, doch beim Stopp in Anni brachten wir das Essen wegen der Hitze nur mit Mühe herunter, lediglich die Mango und viel, viel Wasser taten gut.

Nach dem Mittagessen ging es mir sogar noch schlechter. Nun hatte ich kein kurzfristiges Ziel mehr vor mir, sondern nur den noch über 35 km entfernten Jalori Pass in Aussicht. Die Straße wurde noch steiler und ich trat wie auf der Stelle. David war sehr geduldig mit mir, hatte aber auch mit Gepäck, Hitze und einem viel zu großen vorderen Zahnrad für diese Strecke zu kämpfen.

Ich brauchte eine Pause mit viel Wasser und Elektrolyten. Dann ging es weiter. Und siehe da, auf einmal ging es wieder besser. Lag es an der vielen Flüssigkeiten? Daran, dass wir nun schattigen Wald erreichten? Oder wurde die Strecke etwas flacher? Vielleicht war es eine Kombination aus Vielem, aber es rollte wieder und einmal mehr bewies ich mir selbst, dass es sich manchmal lohnte, die Zähne zusammenzubeißen und auf bessere Zeiten zu warten.

Es rollte genau bis 6 Km vor dem Jalori Pass. Wer den Pass kennt, der weiß, ab hier wird es so wirklich steil- ohne Unterbrechung.

Ich schaltete in die kleinste Übersetzung und erlaubte mir, jederzeit ins Schieben überzugehen. Zu Fuß würde ich für die 6 km auch nicht viel länger brauchen.

Langsam wurde es dämmerig und damit wiederum etwas kühler. Danke!

Ich trat und trat, ignorierte meine schmerzenden Beine, meinen Rücken, meinen Kopf. Zählte bis 100, zählte Meter, zählte keine Bäume. Ich wusste, würde ich absteigen, würde ich es auf dieser steilen Straße nicht mehr auf das Fahrrad schaffen.

Mittlerweile war es 19:30 Uhr. Wir waren schon über 12 Stunden unterwegs. Es wurde dunkel und die letzten Meter näherten sich und da war er dann auch: Der Jalori Pass.

Dieser Tag war mit Sicherheit einer der Härtesten im Sattel, die ich bisher erlebt hatte. Zunächst war ich zu erschöpft für irgendetwas und brauchte erst einmal einen Moment mit mir selbst. Dann ging es weiter. Wir schoben die Fahrräder nun über einen kleinen Pfad durch den angrenzenden Wald, wo uns ein Zeltlager versprochen wurde. Tatsächlich trafen wir nach ca 1,5 km auf eine Lichtung mit gemütlichen Zelten. Der nette Mann, der für das Lager die Verantwortung trug, kochte uns nicht nur ein leckeres Mahl, sondern machte uns sogar zwei Eimer Wasser heiß. So müde viel ich schon lange nicht mehr in das Bett. Hier oben, auf über 3000 Meter Höhe und in der Nacht, war ich tatsächlich froh über die zwei dicken Decken.

Tag 2 Jalori Pass- 10 km vor Manali 105 km, 1200 hm

Den heutigen Tag sind wir einfach zu gemütlich angegangen. Nicht ganz erholt vom Tag zuvor, kamen wir nur langsam in die Gänge, genossen unser Frühstück und dass herrliche Camp und starteten schließlich erst um 10:30 Uhr. Viel zu spät, für eine zwar nicht besonders Höhenmeter intensive, aber immerhin doch lange Etappe bis nach Manali.

Anfangs rollten wir einfach nur den Pass hinab, genossen das Grün, die Dörfer, die Leichtigkeit- es rollte und rollte, Kilometer für Kilometer. Doch nach ca. 30 km wurde die Strecke zunehmend flacher und es gab auch den ein oder anderen Hügel und da merkte ich schnell, oh oh, meine Beine machten heute gar nicht mit.

Ich tiefer wir kamen- bis aus dem Tal mach Aut zum Highway waren wir wieder auf 100 Meter Höhe angelangt- wurde es auch wieder warm. Der 3 km lange Tunnel in Aut verschaffte uns zwar Abkühlung aber die Weiterfahrt auf dem Highway bis nach Kullu war eine Qual. Die Straße wurde gerade erweitert und war zudem stark befahren und so fuhren wir die meiste Zeit durch Staub.

Ich sehnte mich nach Kullu und als wir unserem Zwischenziel sehr nahe waren fing es doch tatsächlich zu regnen an! Auch das noch.

In Kullu erwartete uns ein alter Fahrrad Freund Sunil. Er lud uns zum Mittagessen ein und wir (oder vielmehr ich) brauchten die Pause so sehr, dass es uns gar nichts ausmachte, noch etwas auf das Mahl zu warten. Der Regen hatte mittlerweile aufgehört, aber die Wolken waren ziemlich dunkel und ich hoffte auf einen Starkregen, sodass wir bei Sunil übernachten müssten.

Doch der Regen kam nicht und so starten wir nach unserer zweistündigen Pause gegen 17:30 Richtung Manali- wieder viel zu spät.

Noch 40 km und ca. 800 Höhenmeter hatten wir vor uns. Eigentlich keine große Aufgabe.

Tatsächlich war es dann leichter als Gedacht. Das Stück zwischen Kullu und Manali wurde schon fast fertig erneuert, die Straße war nun deutlich flacher, breiter und schneller. Wir rollten und rollten in die Dunkelheit und schließlich dann doch noch in den Regen. Dieser wurde so stark, dass wir uns entschieden, 10 km vor Manali ein Hotel zu suchen und zu übernachten. Mir war es recht.

2 Wochen Manali mit Wanderungen, Fischen, Ausflug nach Keylong für ein Fahrradrennen und sieben Tagen Yoga Trekking

Am nächsten Tag bewältigten wir auch noch die letzten 10 Kilometer und Manali hieß uns mit Stau, Gehupe und Abgasen Willkommen: Es war Hauptsaison für den indischen Tourismus. Wir schafften es dennoch bis nach Old Manali. Hier war es deutlich ruhiger.

Wir verlebten ein paar erholsame Tage mit Fischen und Wanderungen, dann sollte es in ein kleines Zwischenabenteuer gehen: Im Nachbartal Lahaul würde ein eintägiges Mountainbike Rennen auf über 3200 Meter Höhe stattfinden und wir würden daran teilnehmen.

Anschließend wartete in Manali etwas Arbeit auf uns. Ich hatte einen Siebentägigen Yoga Trek durch das Hamta Tal mit vier deutschen Gästen vor mir, den ich als Organisatorin und Yoga Lehrerin begleiten würde. Zugegeben, wohl einer der schönsten Jobs auf diesen Planeten. Auch über den Yoga Trek könnt ihr hier mehr lesen.

Tag 3 Manali- Chatru 3300 m, 81 km, 2300 hm

Ein zweites Mal den 3980 m hohen Rothang Pass zu überqueren, reizte uns ganz sicher nicht. Den 51 km langen Anstieg mit 2000 Höhenmetern hatten wir schon für das Rennen in Lahaul per Fahrrad bewältigt und auch hier hieß es wieder, nicht nur lange bergan zu fahren, sondern sich auch dem Verkehr durch indische Touristen auszusetzen.

Viele Inder kommen im Mai und Juni nach Manali um der Hitze im Landesinneren zu entgehen und Schnee zu sehen. Dafür geht es hinauf zum Rothang Pass, wo es dieses Jahr, aufgrund eines schneereichen Winters, besonders viel Schnee gibt.

Das heißt für David und mich, dass wir vorbei an langen Autoschlangen müssen, immer mal wieder zwischen verkeilten Bussen stecken bleiben und feiernde Punjabis erdulden müssen, bevor wir endlich oben auf dem Pass sind. 5 Stunden dauert der Spaß, der dieses Mal definitiv kein Spaß war. Die Fahrradpause resultierend aus dem siebentägigen Yogatrek war wohl nicht so gut, denn meine Oberschenkel schmerzten wie nie zuvor. Vor 10 Tagen war die Überquerung des Passes im Vergleich eine Leichtigkeit gewesen. Dieses Mal musste ich die Zähne vor Schmerzen zusammenbeißen und tränen schossen mir in das Gesicht. Selten war ich so froh um eine Abfahrt gewesen. Wenigstens war es heute klar mit blauem  Himmel. Die Sonne schien kräftig und so war die Abfahrt durch die Schneemauern weniger kalt.

Ich genoss den unbefestigten Teil der Abfahrt und David erwartete mich an der Abzweigung bei Gramphu (hier verlässt man den Manali-Leh Highway nach Spiti) mit Instantnudeln und Eiern.

Gewiss, auf dieser Strecke gibt es eigentlich genügend Stopps unterwegs um etwas Essen zu können. Doch es ist wunderschön, einfach in der Natur zu picknicken. Die Pause tat gut. Ich fand zu neuer Energie und meine Socken hatten Zeit zum Trocknen. Die Sonne hatte es hier oben auf über 3000 Metern ganz schön in sich!

Die nächsten 20 km Straße bis nach Chatru, einem Zeltlager, würden wir nun ganz für uns allein haben. Ein Teilstück hinter Chatru und vor dem Kunzum Pass war noch immer nicht von Schnee und Fels geräumt und somit für den motorisierten Verkehr geschlossen.

Wir hatten Erkundigungen eingeholt und wussten bereits, dass die beiden Zeltstädte Chatru und Batel bewirtschaftet wurden, sodass unsere nächsten zwei Nächte gesichert waren. Über den Schnee und die Felsen würden wir unsere Fahrräder schieben oder tragen.

Doch heute war es ja noch gar nicht soweit. Bis nach Chatru konnten wir fahren, wenngleich es doch einige tiefe Bäche und Schneemauern zu durchfahren galt. Das 65 km lange Teilstück zwischen den Pässen Rothang und Kunzum ist so schlecht, dass man selbst mit Fahrrad über das lose Geröll nur sehr, sehr langsam vorwärts kommt.

Am späten Nachmittag erreichen wir schließlich Chatru, werden von Trekkern und den altbekannten Besitzern einer Zeltunterkunft begrüßt. Wir trinken heißen Kaffee, essen gut und spielen ein indisches Brettspiel. Dann werden uns zwei Decken gereicht und wir schlafen tief und fest ein.

Tag 4 Chatru-Bathel 3900m, 32 km, 800 hm

Ursprünglich sah es meine Planung vor nicht nur bis in das 32 km entfernte Bathel zu gelangen. Sondern in Bathel unser Gepäck zu lassen um einen zusätzlichen 30 km Ausflug zum wunderschönen Chandratal zu machen.

Nun, die sehr schlechten Straßenbedingungen und ein ca. 10 km Stück mit Schneelawinen und Felsabstürzen, hielten uns den ganzen Tag beschäftigt, sodass wir am Nachmittag die nächste Zeltstadt Bathel erschöpft erreichten und sicherlich nicht mehr weiterfuhren.

Selbst der erste 15 km lange gut ausgebaute Teil war anspruchsvoll: Loses Geröll, viele kreuzende Bäche, weicher Sand. Viel schneller als Schrittgeschwindigkeit kamen wir nicht voran, ab und zu musste ich sogar absteigen. Nach 15 Kilometer gab es einen langen Abschnitt mit Felsbrocken. Hier wurde die Straße noch nicht geräumt und wir mussten die Räder teilweise tragen. Auf einer grünen Wiese machten wir Pause, in der Annahme, das schwierigste Stück wäre nun vorbei.

Doch nun begann der Spaß erst richtig: Eine Schneelawine nach der anderen blockierte unseren Weg und wir mussten immer wieder die Fahrräder durch den Schnee schieben. Manchmal war der Schneeabschnitt so steil, dass David Mühe hatte, sein schwer beladenes Fahrrad vor einem Sturz in den reißenden Chandratal Fluss zu bewahren.

An sich war der heutige Abschnitt nicht gefährlich, außer vielleicht für die kalten Füße, die es gar nicht mochten in dünnen Radschuhen Abwechslung durch Bach oder Schnee zu müssen. Erst kurz vor Bathel trafen wir auf die Räumungsfahrzeuge, die wohl noch einiges an Arbeit in den nächsten Tagen vor sich haben würden.

Wenigstens trafen wir am heutigen Tag hin und wieder auf Schäfer mit ihren Tieren und waren so doch nicht ganz allein mitten in der Himalaya Bergwelt.

Angekommen in der Dhaba (kleines einfaches Rastzelt mit Schlafplatz und Verpflegung)bei Chacha und Chachi wurden wir sehr herzlich willkommen. Chacha und Chachi bedeutet Onkel und Tante. Das ältere Pärchen aus Tibet führt die Zeltstädte schon seit über 45 Jahren uns ist sehr bekannt. Des Öfteren beherbergten die beiden schon etliche gestrandete  Trekker und Touristen, die hier von einem Schneesturm überrascht wurden.

Wir verbrachten einen weiteren angenehmen Abend und eine angenehme Nacht in einfachen, aber komfortablen Verhältnissen und netter Gesellschaft.

Diese beiden Tage in Chatru und Bathel sollten mit jeweils weniger als 9 Euro für uns beide für Unterkunft und Vollverpflegung, die günstigsten der Tour werden.

Tag 5 Chatru-Kibber 4200 m, 65 km, 1150 hm

Sowohl David als auch ich hatten ziemlichen Respekt vor dem Anstieg hoch zum Kunzum Pass, der direkt bei Bathel begann.

Zwar war der Anstieg nur 12 km lang mit nur 600 Höhenmetern, doch wussten wir, dass auch diese Strecke auf unbefestigten Untergrund stattfinden würde.

Doch unsere Sorge war unbegründet und wie es so oft ist, wenn man sich etwas schlechter denkt, als es dann wirklich ist, machte der anderthalb stündige Anstieg hoch zum Pass sogar richtig Spaß. Der Weg war viel sanfter, als das gestrige Stück, mit oft weichem und glattem Sandboden, auf dem es gut rollte. Je höher wir kamen, desto mehr weiße Riesen traten in unser Blickfeld, darunter auch die beiden Zwillinge CB 13 und 14, die wir im letzten Jahr besteigen wollten.

Oben auf dem Kunzum Pass auf 4550 Meter Höhe gibt es einen tibetischen Tempel mit einem kleinen glatten Stein. Es heißt, wessen Münze an der glatten vertikalen Oberfläche des Steins haften bleibt, dessen Wunsch geht in Erfüllung.

Nun, was soll ich sagen, David und ich müssen die richtigen Wünsche gehabt haben :).

Auch die 20 km hinab zur ersten Siedlung nach Spiti machten Spaß. Mittlerweile trafen wir auch auf das ein oder andere Fahrzeug, das richtig Pass und Chandratal fuhr, aber es waren abzählbar wenige.

In Losar genossen wir leckere Ziegenmomos (gefüllte gedämpfte Teigtaschen mit Ziegenfleisch, dann ging es weiter. Die Straße war noch immer schlecht und sehr holprig. Ab und zu gab es ein Stück, dass Asphaltiert war, dass genossen wir dann umso mehr. Bis zur Abzweigung zur neuen Straße hoch nach Kibber, ging es noch immer weitestgehend leicht abschüssig. Doch 25 km vor Kibber hieß es wieder Luftholen und bergauf.

Noch immer machte uns die Höhenluft etwas zu schaffen und nur langsam erklommen wir den kleinen Pass auf ca 4500 Meter Höhe. Nun waren wir auf einer Art Hochebene und durchfuhren auch das Stück, wo vor noch wenigen Jahren ein jährlicher Markt stattfand, wo Händler aus ganz Asien miteinander handelten. Hier beginnt der Parang la Trek nach Ladakh, der ein Stück der berühmten Seidenroute bildet.

Wir rollen in das Dorf Chicham und weiter über die neue Brücker einer mächtigen Schlucht. Die höchste Brücke Asiens erspart uns die  Überquerung im Eimern, die früher zur Überquerung an Seilen hingen.

Noch ein letzte Anstieg und wir erreichen Kibber.

Im freundlichen Norling Homestay machen wir es uns gemütlich, freuen uns über den schönen Ausblick auf das Dorf, beobachten wie die Yakherden eingeholt werden und Kinder auf den Straßen spielen und genießen auch eine heiße Dusche und etwas Fernsehen.

Tag 6 Kibber-Kaza 3600 m, 23 km, 200 hm

Für heute war eigentlich mehr als nur bis nach Kaza geplant. Doch ich benötigte eine Durchreiseerlaubnis für den nächsten Teilabschnitt, der nahe an der chinesischen Grenze vorbei führen würde. Der Verantwortliche hatte heute ein treffen mit einem Minister und so zog sich alles ein wenig länger, bis es auch noch zu regnen anfing.

In der Hochgebirgswüste Spiti regnet es nicht oft, aber wenn, dann wird es ungemütlich. Also suchten wir uns ein nettes Homestay am Stadtrand und besuchten ein paar Freunde. In Kaza gibt es ansonsten nicht viel zu tun, außer zu essen.

Tag 7 Kaza-Langza (4400 m)-Comic (4500 m)-Tabo (3050 m), 93 km, 1453 hm

Heute waren wir nicht auf der normalen Strecke Richtung Kinnaur unterwegs, sondern haben einen kleinen Schlenker über die höheren Dörfer Spitis genommen. Diese sind durch eine wunderbare Jeeppiste miteinander verbunden und führte uns bis auf 4700 m, dem höchsten Punkt unserer gesamten Tour.

Der 16 km lange Anstieg in das 4400 Meter hohe Dorf Langza ging ziemlich flüssig, wenngleich ich die Strecke auch allein fuhr, da David auf einmal auf und davon war. Ein Freund hatte ihm erzählt, dass die Strecke ein Strava-Abschnitt sei und David wollte sich den KOM „king of the mountains“- Titel dafür holen – trotz Gepäck. Nun, er war schnell unterwegs, doch einen Strava-Abschnitt gab es letzten Endes nicht. Die Straße führte uns hinauf entlang einer Schlucht und schließlich zu einem Goldenen Buddha. Nun war die Straße zwar nicht mehr asphaltiert, doch sehr ruhig. Stetig stiegen wir bergan. Wir waren so langsam unterwegs, dass wir sogar während der Fahrt die berühmten Fossilien fanden, die noch aus der Zeit stammen, als hier alles Meer war!!

Wir passieren das Dorf Hikkim, das das höchste Postamt der Welt beherbergt und Komik, das höchste Dorf der Welt, dass an einer Straße angeschlossen ist. Hier gibt es auch ein Kloster.

Kurz vor der Abfahrt zurück zur Hauptstraße nahe Demul legen wir ein Pfannkuchen-Mittagessen ein- ein Freund aus Kaza hat uns diese gesponsert, danke dafür!

Die 12 km lange Abfahrt auf Asphalt macht Spaß und geht ruck zuck, dann begrüß uns ein heftiger Gegenwind. Oh nein!

Glücklicherweise treffen wir auf alte Fahrradfreunde- Fahrradreisenden auf Fatbikes aus Alaska, die wir schon in Manali getroffen hatten- Wir fahren alle zusammen und etwas gemütlicher und schließlich hört auch der Wind auf und es geht fast nur noch bergab!

In Tabo gibt es ein eintausend Jahre altes Kloster. Wir wohnen in einem netten Gasthaus so nah am Kloster, dass ich am nächsten Morgen an der Zeremonie der Mönche teilnehme.

Tag 8 Tabo- Nako (3700 m)-Spillow (2500 m), 130 km, 1500 hm

Heute verließen wir das Spiti Tal und damit begann auch Davids Verantwortungsbereich, was man an der gesteigerten Kilometer Länge und an den Höhenmetern für die Etappen der nächsten Tage erkennt.

Bis zur Grenze nach Kinnaur fahren wir fast nur leicht abschüssig. Dann muss ich meine Erlaubnis vorzeigen und wir fahren weiter auf groß ausgebauter Straße direkt neben dem Spiti Fluss. Schon jetzt bläst ein heftiger Gegenwind, der mir Sorgen bereitet. Nach insgesamt ca 50 km von Tabo beginnt ein 15 Km langer Anstieg uf bis zu 3800 m. Die Siebenhundert Höhenmeter haben es in sich. Wir fahren praktisch eine Bergwand hoch und sehen schnell den Fluss Spiti von weit oben. Teilweise sind die Streckenabschnitte richtig steil und selbst als wir das Dorf Nako schon in der Ferne sehen ist es noch ein ganz schönes Stück. Ich leide ganz schön am Ende und habe auch ordentlich Hunger!

Doch Endlich in Nako angekommen, bin ich überrascht, das Dorf ist wunderschön, umgeben von hohen Bergen, an einem See mit einem alten Kloster und traditionellen Häusern. Wir verbringen gut 2 Stunden in Nako, genießen Nudelsuppe und Bratnudeln und schlendern durch den Ort.

Nun habe ich genug Energie getankt- es kann weiter gehen. Schließlich mein David, es gehe nun für 20 km bergab und dann flach weiter.

Nun, er hatte nicht gelogen. Doch hatten wir beide den Wind doch unterschätzt, der nun ordentlich aus den verschiedensten Richtungen blies.

Zudem hatte ich solch eine Straße nicht erwartet. Zwar war sie erst kürzlich verbreitet worden (Gott sei Dank), doch einfach nur in den Fels gehauen. Wer von der Straße abwich würde direkt hunderte Meter tiefer in den Spiti Fluss landen. Doch dies war nicht die einzige Gefahr. Wir fuhren hier durch rauen Fels und immer wieder warnten Schilder vor Steinschlag. An kritischen Punkten gab es sogar Soldaten, die die Straßen wegen Steinschlag beobachteten um Zivilisten zu warnen.

Der Wind wurde stärker und stärker. Teilweise konnten wir unsere Fahrräder nicht mehr halten und mussten uns zum Schutz auf den Boden legen.

Ich war starr vor Angst, super konzentriert und merkte weder den Staub im Gesicht noch verspürte ich in den nächsten drei Stunden weder Durst noch den Drang einer Toilette. Ich wollte einfach nur noch angekommen und in Sicherheit gelangen.

David zeigte mir den berühmten Zusammenfluss von Spiti und Satluj, dem ich kaum Beachtung schenkte. Zu allem Überfluss wechselten wir nun auch noch auf die andere Flussseite, sodass wir nahe des Abhanges fahren mussten. Ich fuhr stur in der Mitte oder auf der falschen Straßenseite nahe der Felswand, die mir sicherer Schien. Doch David war sehr verärgert und sorgte sich um mich wegen des Verkehrs, der mir ziemlich egal war.

Im Nachhinein weiß ich nicht, ob ich mit meiner Angst übertrieb (ja, ich bin ein sehr ängstlicher Mensch) oder ob sie real war. Die Autofahrer, Motorradtouristen und Straßenarbeiter schienen der Wind nichts auszumachen.

Doch weiß ich noch genau das Gefühl, wie sich alles in mir entspannte, als ich unserem Zielort näher kam, die Straße besser wurde und der Wind nachließ. Wow, große Erleichterung. Die zusätzliche Anstrengung wegen des Gegenwindes, spürte ich erst mit der Erschöpfung danach.

Spillow ist kein beliebter Touristenort. Dennoch waren alle Gasthäuser belegt und wir bekamen nur noch das schmutzigste Zimmer im ganzen Ort. Auf der gesamten Reise hatten wir ansonsten immer sehr nette und dennoch günstige Unterkünfte bekommen. Doch dieses Zimmer hier war ein Dreckloch. Doch wir hatten keine Wahl und es war ja nur für die Nacht.

Tag 9 Spillow-Sainj (1000 m), 155 km, 1100 hm

Unsere längste Etappe, die uns stetig bergab (mit einigen kleineren Anstiegen) hinaus aus Kinnaur führen würde.

Heute übersprungen wir viele kleinere Sehenswerte Ziele, die etwas abseits der Hauptstraße lagen. Das Sangla Tal, Kalpa und Sarahan würden wir auf einer unserer nächsten Touren erkunden. Heute hieß es Strecke machen. Besonders am Morgen beeilten wir uns um noch vor 9 Uhr Rekong Peo zu passieren, da bis dahin, die Strecke hin und wieder noch etwas gefährlich war und die Strecke oft für kontrollierte Sprengungen gesperrt wurde.

Wieder eine Kontrolle meiner Erlaubnis, dann kamen wir auf Höhe Rekong Peo an und ab hier wurde es auf einmal wieder wunderbar grün. Wir waren nun auf ca 2000 Meter Höhe und ich erfreute mich an Bäumen und Graß. Auch gab es hier Unmengen von Wasserkraftwerken.

Auf den Weg nach Rampur gab es wieder einen beeindruckenden Straßenabschnitt im Fels- Glücklicherweise war der Wind nicht so stark heute.

Es ging tiefer und tiefer, weiter und weiter und es wurde heißer und heißer. Noch ca 30 km hatten wir nach Rampur noch vor uns- kaum Steigungen aber selbst der flache Straßenabschnitt setzte uns nach über 100 km und bei 40° C ordentlich zu. Nur 500 m vor unserem Zielort hielten wir an einem kleinen Stand um uns von einer Gärtnerin saftige Gurken und Tomaten aufschneiden zu lassen. Köstlich.

Die Nacht in einem schönen Hotel war wohl verdient!

Tag 10 Sainj-Shimla 100 km, 2100 hm

Es waren die 35 km Anstieg mit 1700 hm die unseren warmen Ausgangsort von Narkanda auf 2700 m trennten. Der Plan war es, früh zu starten um so schnell an Höhe zu Gewinnen und der Hitze zu entfliehen. Nun, Ein Plan ist eine Sache, ein platter Reifen eine andere.

Glücklicherweise geschah er dennoch hier, den unsere Pumpe funktionierte nicht uns so waren wir auf Zivilisation mit Autowerkstätten angewiesen, die es hier überall gab. Die Reparatur dauerte auch nicht lange, der Anstieg aber schon.

Wir waren müde von den letzten beiden Tagen und unsere Hinterteile taten weh. Doch Kilometer für Kilometer kämpften wir uns nach oben und schließlich erreichten wir dichten, schattigen Wald und dann auch Narkanda. Auf dem Weg nach oben legten wir Wassermelonen Stopps und Himbeeren Pausen ein.

In Narkanda machten wir ausgiebige Pause. Wir trafen auf zwei holländische Brüder, dich sich gerade in die entgegengesetzte Richtung aufmachten und wir hatten einen netten Schwatz beim Mittagessen.

Anschließend rollten wir durch die wunderschönen grünen Hügel voller Obstplantagen, zwei kleine Anstiege, dann nur noch Abfahrt runter nach Shimla.

Ganz so geschmeidig ging es dann leider doch nicht. Die Pause in Narkanda war wohl eine Stunde zu lang gewesen. In Kufri auf 2700 m, kamen die ersten Monsunwolken so schnell auf, dass wir schließlich im Starkregen nach Shimla genannten. Danke Shimla, für diesen ersten heftigen Monsunregen, der unsere Ankunft etwas fröstelig gestaltete.

Wer trotz meiner Beschreibung Lust auf solch ein Abenteuer hat (aber organisiert mit Gepäcktransport und in anders herum), kann sich hier die Details zur Tour ansehen.

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