Mit dem Mountainbike durch den Indischen Himalaya

Juni Kalenderblatt Geschichte Nr. 6

Mittlerweile sitze ich schon seit vier Stunden im Sattel und so langsam kündigt sich meine Blase an. Doch ich versuche dem Druck noch ein wenig länger Stand zu halten. Im Moment bin ich noch in einem ganz guten Rhythmus, den ich ungern unterbrechen möchte. Außerdem führt die Strecke gerade durch einige Dörfer mit lachenden Kindern, die überschwänglich neben mir herrennen und ganz aufgeregt „ All the best“ wünschen. Es ist der Dritte Tag des Achttägigen Hero MTB Himalaya Rennen das jährlich Ende September im Vorgebirge des indischen Himalaya stattfindet. Heute findet die sogenannte „ Königsetappe“ statt: es geht steil bergauf zum 3100 Meter hohen Jalori Pass, dem höchsten Punkt des Rennens.

Ich befinde mich gut vier km von diesem Punkt entfernt. Das steilste Stück hat gerade begonnen mit ca. 15-17 Prozent Steigung.  Doch die darauffolgende Abfahrt und die Verpflegungsstation oben auf dem Pass motivieren mich. Zwar hatte ich gerade meinen letzten Riegel gegessen, doch mein Körper verlangt nach einer herzhaften Energiequelle.

Mittlerweile bin ich ganz gut geübt darin mich während des Fahrens in regelmäßigen Zeitabständen zu Versorgen. Bananen, Riegel und Schokolade sind in meinen Taschen verstaut und problemlos fische ich sie aus dem Trikot, öffne sie und schlucke die so wichtigen Kalorien zügig hinunter.

Die letzte Kurve und endlich bin ich oben auf dem Pass angekommen, die letzten 50 Meter trete ich noch einmal kräftiger in die Pedale, dann steige ich flink vom Sattel, greife ein Sandwich und eine gekochte Kartoffel und verschwinde schnell hinter einem Baum um mich zu erleichtern. Währenddessen füllen die fleißigen Helfer an der Verpflegungsstation meine Flaschen mit Wasser und Elektrolyten auf, während der Mechaniker kurz über mein Fahrrad schaut. Etwas Öl auf die Kette, ich greife schnell noch zwei Bananen und ein Stück Kuchen und Stopfe sie in meine Taschen und schon beginnt die rasante Abfahrt den Jalori  Pass hinab. Hoch konzentriert versuche ich die beste Linie auf der rutschigen Schotterpiste zu finden, die Finger an den Bremsen. Es ist eine lange Abfahrt und ich bin glücklich wie schnell ich nun Kilometer mache. Immerhin habe ich noch gut 30 Kilometer bis zum Etappenziel vor mir!

Die Etappentage während des Hero MTB Himalaya Rennens sind lang und ich verbringe viel Zeit mit mir selbst. Stundenlang. Mit mir und meinen Gedanken, meinem schmerzenden Hintern und mit der indischen Bergwelt.

Immer wieder geht es hinauf und hinab, auf schmalen Waldpfaden, über Getreidefelder und durch Apfelplantagen. Hin und wieder müssen kleinere Bäche überquert werden, manchmal muss das Fahrrad über nicht fahrbare Passagen getragen werden. Nicht selten kommt man an kleinen traditionellen Bergdörfern vorbei und im Hintergrund erheben sich die schneebedeckten Berge des höheren Himalayas weiter im Norden.

Die anderen Rennteilnehmer sind entweder weit vor mir oder etwas hinter mir. Auf den Downhill-Passagen werde ich immer mal wieder überholt, um dann bei den langen Anstiegen wieder aufzuholen. So treffe ich hin und wieder auf andere Mountainbiker- meistens sind es die gleichen Gesichter. Wir freuen uns über das kurze Treffen, fahren für ein paar Minuten gemeinsam um sich dann „Viel Glück“ zu wünschen und sich dann im Camp wiederzusehen.

Es ist eine Mischung aus Leid, Überwindung, Überwältigung, Freude, Schmerz und Adrenalin. Manchmal muss ich weinen, während ich mich langsam eine besonders steile Passage in der knalligen Mittagshitze hochquäle und im nächsten Moment bekomme ich den Mund vor Staunen über die atemberaubende Schönheit der Landschaft gar nicht mehr zu.

Die letzten Kilometer der heutigen knapp 100 Kilometer und 3000 Höhenmeter sind hart, aber nun habe ich ein Ziel vor Auge: Das Camp mit einer heißen Dusche, viel Essen, netten Menschen und mein eigenes Zelt!

Ich rolle durch das Ziel und werde klatschend von den Organisatoren und Teilnehmern empfangen. Erst mal vom Fahrrad. Nach Achtstunden kontinuierlich auf dem Sattel ist allein schon das eine Wohltat. Dann geht es zum nahegelegenen Camp.

Jeden Tag wechselt der Campingort und die Organisatoren und ihre Helfer errichten täglich aufs Neue eine kleine Zeltstadt an den schönsten Locations. Es gibt einen Dusch- und Toilettenbereich, die Mechaniker sind an ihrer Station schon eifrig am Schrauben, das Büfett im Speisezelt ist permanent mit gutem Essen und heißen Getränken  gefüllt.

Ich ergattere mir erst einmal ein Zelt, dusche dann mich und mein Fahrrad, spüle schnell meine Fahrradklamotten aus und gehe dann schnurstracks zum Speisezelt. Hier warten auch schon meine Mountainbike-Kollegen mit gefüllten Tellern auf mich. Während ich mich an Pasta, Hänchencurry und  Gemüse erfreue, tauschen wir uns über den verlebten Tag aus. Obwohl wir uns alle den Tag über nicht gesehen haben, sind wir doch alle die gleiche Strecke gefahren und hatten die gleichen Schwierigkeiten zu meistern.

Mußestunden im Camp

Ach, ich genieße die Zeit im Camp. Nach dem Essen kümmere ich mich um mein Fahrrad, dehne mich ein bisschen und faulenze in der Sonne. Zugegeben, zu viel Zeit habe ich nie im Camp, ich gehöre eher zu den „langsameren“ Mountainbikern und bin immer froh, wenn ich es noch rechtzeitig zum Mittagessen schaffe.

Die Stimmung im Camp ist gut und nach dem Abendessen sitzen wir immer noch etwas zusammen und schauen auf der Leinwand die Fotos des Tages an und werden über die Strecke am nächsten Tag informiert.

Dann geht es auch schon ab in den Schlafsack für eine erholsame Nacht in der Bergwelt des Himalayas, denn schon morgen geht das ganze Spiel wieder von vorne los.

Wer Interesse hat, einmalselbst an dem Hero MTB Himalaya Rennen im September/Oktober 2017 teilzunehmen, kann sich gern bei mir melden. Chalo! Reisen bietet ein Komplettpaket zum Rennen an.

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