Eine Mountainbike Etappe der Besonderen Art

Dezember Kalenderblatt Geschichte Nr. 12

Dieses Foto entstand am zweiten Tag eines dreitägigen Mountainbike Rennens im letzten Jahr im November.

Das Rennen führte durch die Bergregion um Dharamshala herum. Dharamshala ist der Ort, wo der Dalai Lama und viele weitere tibetische Flüchtlinge leben.

Ringsherum erheben sich die hohen Berge des Himalaya, mit vielen kleinen versteckten Tälern und noch kleineren Dörfern zu denen kaum eine Straße, sondern gerade einmal ein kleiner Fußpfad führt.

Genau hier fand auch das Rennen statt.

Meine Intention bei einem Mountainbike Rennen teilzunehmen ist weniger der Sieg (obwohl der auch schön ist), als vielmehr die Möglichkeit zu bekommen, eine Region zu besuchen in die ich sonst selbst nie gelangen würde.

An diesem zweiten Tag des Rennens lag ich tatsächlich erst einmal ziemlich weit hinten, da die Etappe mit einer Abfahrt anfing, was nicht gerade meine Stärke ist. Gleich nach der Abfahrt ging es auch schon sofort auf  einen Wald Pfad, der zum ersten Dorf führte. Manche Abschnitte konnte ich rollen, andere waren zu technisch für mich und bei wieder anderen musste ich mein Fahrrad schultern und es über hohe Felsen sogar tragen.

Immer wieder stieß ich auf Einheimische auf den Weg, die Graß für die Kühe oder Feuerholz sammelten.

Sie schauten mich mit großer Neugier, aber auch Unverständnis an: Warum kam ein Mensch auf die Idee, hier mit einem Fahrrad her zu kommen?

Ich selbst fragte mich das mittlerweile auch schon das eine oder andere Mal, während ich wieder einmal vom Fahrrad steigen musste und es über das nächste Hindernis trug.

Auch war mir die ganze Sache etwas unangenehm. Schließlich schinderte ich mich hier aus reinem Spaß an der Freude ab, wohingegen diese Menschen echte harte Arbeit für das Überleben leisten mussten.

Im Dorf angekommen, ließ ich mir den Weg von zwei Frauen weisen, die gerade dabei waren, an einem kleinen Bach die Wäsche zu waschen. Dann kam ich glücklicherweise auf eine Art Jeeppiste, die ich tatsächlich fahren konnte. Diese Jeeppiste führte irgendwann ziemlich steil den Berg hinauf. Doch obwohl ich nur noch im kleinsten Gang unterwegs war und mir der Schweiß von der Stirn perlte, war ich dankbar für diesen Abschnitt, denn Berghoch fahren konnte ich und so machte ich wenigsten ein paar Plätze gut. Irgendwann ging die Route ja auch tatsächlich wieder bergab und ich ließ die Räder einfach rollen. Dabei überholte ich sogar eine Gruppe Einheimischer, die mit Trommeln und Blasinstrumenten ihre Dorf-Gottheit (eine goldene Götterstatue gekleidet in bunten Gewändern) zum nächsten Tempel trugen. Toll!

traditionelle Dörfer in Senffeldern

Auch wenn es ein wenig Zeit kostete, diese Menschen zu überholen, machten genau diese Erlebnisse ein Rennen im indischen Himalaya aus!

Ich rollte in das nächste Dorf. Hie schien nicht nur das Ende der Welt, sondern auch das Ende der Straße zu sein.

Die Häuser und der Dorftempel waren in einer ganz besonderen Holzarchitektur gebaut, ringsherum war es grün und wild, mit sprudelnden Bächen, muhenden Kühen und winkenden Kindern.

Für ein paar Meter wurde ich von den juchzenden Kindern begleitet und sie halfen mir sogar, das Fahrrad einen besonders tiefen Absatz hinab zu tragen. Noch ein letztes Mal „ Bye“ und dann war ich auch schon weg.

Dieser Pfad zum nächsten Dorf war endlos und raubte mir meine gesamte Energie. Es ging über Wissen, Felder, Wälder, oft immer an einen steilen Abhang entlang. Tatsächlich musste ich das Fahrrad über weite Strecken entweder schieben oder tragen. Wie gut, dass ich ein leichtes Carbon-Rad besaß. Die anderen Teilnehmer mit einem Stahlrahmen taten mir leid.

So langsam war meine Energie ziemlich aufgebraucht und dieser gut 7 Kilometer lange Pfad nahm und nahm einfach kein Ende. Es war auch nicht besonders hilfreich, dass eine Photographin ständig um mich herum sprang und mein Unvermögen hier, auf diesen Pfaden, zu fahren, dokumentierte.

Als ich mich durch die letzten Büsche quälte, erreichte ich endlich den nächsten Verpflegungspunkt und damit auch wieder einen Sandweg. Schnell einen Schluck Wasser genommen und dann hieß es Abfahrt. Der Sandweg war so schlecht, staubig und unausgebaut, dass man tatsächlich nur mit einem Fahrrad oder vielleicht noch Motorrad hier vorwärts kam. Das Tal, in das ich nun jedoch rollte, hätte schöner und wilder nicht sein können. Neben mir ein reißender Bach, um mich herum, hohe schneebedeckte Berge. Hier gab es tatsächlich eine Betonbrücke, über die ich den Fluss überqueren konnte, dann ging es die letzten 8 Kilometer bergan bis zum Ziel.

Nun ja. Auch diese letzten Kilometer meisterte ich, wenn auch sehr langsam. Meine ganze Energie war aufgebraucht, ich hatte wohl doch verpflegungstechnisch während der Etappe etwas falsch gemacht. Jetzt war einfach die Luft raus. Ich quälte mich Meter für Meter und konnte zum Schluss nicht mal mehr in das Ziel sprinten.

Im Ziel angekommen griff ich nur schnell nach eine Cola und zwei Kartoffeln, die ich gierig in mich hinein stopfte.

Ich war fix und fertig, aber glücklich und überwältigt von meinen Eindrücken. Das war ein wahres Mountainbike Rennen im Himalaya!

Natürlich wurde auch dieser Abend angemessen zelebriert! Nicht nur mit dem tollsten Sonnenuntergang überhaupt, sondern auch mit guter Stimmung, Lagerfeuer und leckerem Essen.

Mehr zur Dreitägigen MTB Challenge Dhauladhar, die jedes Jahr im Oktober/November stattfindet und von den Organisatoren der Hellrace Serie veranstaltet wird, findet ihr hier.

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